
Zeitgeistige Skandal-Kalauer zum Thema RosinenSTUTEN spare ich mir. Eine Zusammenfassung der wichtigsten findet man hier und wem das nicht reicht, der muss sich halt bis zur nächsten SCHIMMELkäse-Lieferung aus der Wal(l)achei gedulden.
Also mal ernsthaft: Ein frischer Stuten mit ordentlich Rumrosinen, einer fein-elastischen Krume, goldbrauner Kruste und selbst gemachter Vanille-Butter ist schon was Feines. Vor allem dann, wenn die ganze Chose in 20 Minuten Vorbereitungszeit erledigt und der Arbeitsaufwand entgegen der vom Kochzivilisten abgesonderten Textmenge äußerst überschaubar ist. Vorausgesetzt …

Vorausgesetzt, man ist vor nix fies,
noch nicht einmal vor Mono- + Diacetylweinsäureester von Speisefettsäuren. Denn das ist laut das-ist-drin.de eigentlich bloß ein Emulgator. Also eine grenzflächenaktive Substanz wie Eigelb und Senf, die die Fähigkeit besitzt, gleichzeitig Öl und Wasser an sich zu binden. Mit anderen Worten: Das Grundprinzip einer jeden Mayo.
Warum nun dieser reichlich sperrige Klugscheißer-Einstieg? Weil man trotz der berechtigten Diskussion über Zusatzstoffe nicht gleich bei jeder chemischen Vokabel in Deckung springen muss. Jedenfalls nicht, wenn einem infolgedessen das durchaus empfehlenswerte Baguetteback vom Hobbybäckerversand durch die Lappen geht. Ein Helferlein, das unter anderem eben auch für eine bessere Emulsion sorgt und damit die Teigverarbeitung in der Küchenmaschine, die Rösche, das Gashaltevermögen und die Haltbarkeit auf verblüffende Weise verbessert. Ich hab´s bei gleichen Bedingungen ohne ausprobiert und das Ergebnis war im Vergleich zum Backen mit Helferlein zwar kein völliger Murks aber auf jeden Fall spürbar schlechter!
Vorausgesetzt, man knetet
und zwar ausgiebig! Es dauert nämlich bis sich die im Mehl zusammengekrumpelten Eiweißknäuel des Glutens bzw. des Klebereiweiß-Ketten zu einem elastischen Netz entfaltet haben und so ein Teig entsteht, der ein optimales Gashaltevermögen besitzt – also toll aufgeht. Im Klartext: Quält die Küchenmaschine, bis sich der Teig um den Knethaken wickelt und nicht mehr an der Schüsselwand klebt.

Hervé This-Benckhard: „Rätsel der Kochkunst“
Bei meiner KitchenAid dauert das schon mal 10 bis max. 15 Minuten. Beim Thermomix soll ein solcher Hefeteig hingegen schon nach 2 ½ Minuten fertig sein. Wie das funktionieren soll, ist mir nach eigenen Tests (allerdings ohne Themomix) schleierhaft. Und nach der Erklärung des genialen This-Benckhard ist das eigentlich auch gar nicht möglich. Also mal die Frage in die Runde: Schafft der Thermomix das tatsächlich und wie schmecken Brot oder Brötchen am nächsten Tag ohne den Heiß-aus-dem-Ofen-Bonus?
Zubehör:
- 2 Kastenformen mit Deckel [meine haben das Format B 23 cm x T 11 cm x H 9,5 cm]
- Formenspray [Wie vor Kurzem schon mal angemerkt ist das Zeugs draußen gesprüht eine echte Bereicherung, drinnen eine mittelprächtige Sauerei.]
- 2 kräftige Arme oder eine hinreichende Anzahl Kinder. Alternativ geht auch eine Küchenmaschine, die 10 bis 15 Minuten durchhält, ohne zu überhitzen. [Da merkt man mal, wie praktisch Kinder sind. Wenn die überhitzen reicht der Gartenschlauch. Bei Küchengeräten im Prinzip auch, leider fast immer zu Lasten der Garantie.]

Links: Typ 550 mit 10,6 g Eiweiß pro 100g | Mitte: Pizzamehl Typ 00 mit 11,5 g Eiweiß | Rechts: Typ 405 mit nur 9,8 g Eiweiß.
Zutaten (trocken) für 2 Stuten:
- 140 g Semola di grano duro: sehr fein gemahlener Hartweizengries von strohgelber Farbe, 12 g Eiweiß pro 100 g Mehl
- 360 g Pizzamehl Typ 00, „Farina Speciale Per Pizza, tipo 00“: Das ist zwar auch nur ein Mehl Typ 405 (Österreich Typ W480), besitzt aber mit 11,5 g gepflegte 17 % mehr Eiweiß als konventionelles Mehl gleichen Typs.
- 375 g Rumrosinen (3 Päckchen)
- 7 g Trockenhefe = 1 Tütchen direkt zu den trockenen Zutaten. NICHT auflösen!
- 50 g Baguetteback, Inhalt gemäß Website und Etikett:
„Weizenmehl, Weizenvorteig getrocknet (Mehl + Hefe), jod. Speisesalz, Guarkernmehl, Weizenmalzmehl, getrockneter Weizen-Natursauerteig, Dinatriumdiphosphat (siehe auch E450a), Calciumacetat, Monocalciumphosphat, Mono- + Diacetylweinsäureester von Speisefettsäuren, Weizenkleber, Traubenzucker, pfl. Öl, Ascorbinsäure, Enzyme. Allergene: Gluten, Sojabohnen.”
Zutaten (nass):
- 340 g Wasser oder halb Wasser, halb Milch [Flüssigkeitsmenge ist für Mehl + Baguettback, also für 550 g berechnet. Wer auf das Baguettback verzichten möchte – selbst Schuld, denn wie der Name vermuten lässt, macht das auch Baguette besser – sollte wohl ein wenig Wasser und Butter weglassen.]
- 115 g Rohrzucker [Diesmal ruhig auf die obligatorische Prise Salz verzichten. Im Baguetteback ist welches drin.]
- 1 Vanilleschote [aufritzen und Vanillemark herauskratzen, Mark und Schote kurz zusammen mit dem Zucker in den 340 g Flüssigkeit aufkochen]
- 125 g Butter kalt dazugeben, um das Abkühlen zu beschleunigen
- 1 Röhrchen Rum-Aroma, optional
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Zubereitung:
Trockene Zutaten inklusive Rumrosinen und nem Tütchen Trockenhefe in die Rührschüssel (1 Tütchen = 7 g = 25 g Frischhefe).
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340 g Wasser oder Wasser-Milch-Gemisch mit den 115 g Rohrzucker und der ausgekratzten Vanilleschote erhitzen, vom Herd nehmen und das Abkühlen mit den 125 g Butter (½ Päckchen) beschleunigen. Ein Röhrchen Rum-Aroma schadet nicht.
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Flüssige Zutaten komplett auf die trockenen kippen und die KitchenAid (o. ä) LANGSAM anlaufen lassen. Dann so lange kneten, bis sich der Teig um den Knethaken wickelt und nicht mehr an der Schüsselwand klebt (dauert bei meinem Maschinchen 10, manchmal 15 Minuten). Jetzt nur noch den Teig falten und ähm … häh?!
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Jau, richtig gelesen: Teig falten! (Bitte mal hier klicken.) Das habe ich bei Lutz Geißler abgeguckt und der muss es wissen. Schließlich ist der tagsüber untertägige Diplom-Geologe niemand anderes als, so möchte ich mal annehmen, Deutschlands versiertester Hobbybäcker und Autor des unbedingt lesenswerten PLÖTZBLOG. Genau daher weiss ich jetzt, dass ein Brotlaib erst nach dem Falten genau die Spannung bekommt, die nach dem Backen für eine schicke Kuppel- anstatt einer breit-bräsigen Fladenform sorgt. Da der Teig vorher ausgiebig geknetet wurde, reichen drei, vier mal falten aus. Angenehmer Nebeneffekt zur knubbeligen Form: Die Rosinen werden gleichmäßig verteilt.
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Teig auf die zwei mit Formenspray eingesprühten Kastenformen verteilen und 4 ½ bis 5 Stunden bei 30 Grad im Backofen gehen lassen. Gitter mit den Backformen heraus nehmen und Backofen auf 240º Ober-/Unterhitze hochfahren. Teig dabei in Ruhe lassen und auf keinen Fall ein zweites mal kneten. Dann einfach 6 Min. bei 240º plus 40 Minuten bei 180º backen (Deckel respektive Alufolie nicht vergessen!!!). Danach noch einmal für 6 Minütchen ohne Form bei 220º Umluft bräunen. Fertig – bis auf die selbst geschlagene Vanillebutter.
Vanillebutter
- 500 g Sahne: beispielsweise die mit 32 % Fettanteil innen drin und 100 % Plüschtier außen drauf. Konditorensahne hat 40 %, mach also noch mehr Butter.
- 1 Vanilleschote: Mark ausschaben und Schote kleingeschnippelt ganz kurz in ein, zwei Löffelchen Milch aufkochen.
- KEIN Zucker

Aus Sahne + Vanillemilch (Schote vorher rausfischen) Schlagsahne machen. So lange weiter schlagen, bis das Butterfett in der Sahne ausflockt und sich Molke und Butterfett trennen. Etwas Geduld bitte: Bei einer Drehzahl im unteren Drittel dauert das schon mal ein Viertelstündchen.
Molke durch ein Sieb abgießen und Butterflocken im Sieb ausdrücken. 500 g Sahne mit einem Fettanteil von 32 % ergaben bei mir 178 g Butter (also 18 g Molke in der Butter).
Kalte Vanillebutter auf lauwarmem Rumrosinen-Stuten verteilen, unter die Nase halten, ganz breit grinsen und herzhaft zubeißen. Foto bei www.facebook.com/Kochzivilisten posten ;-)
Mit Tag(s) versehen: backen, Baguetteback, emulsion, Farina Speciale Per Pizza, Hervé This-Benckhard, Krume, Mehlvergleich, Proteinanteil Mehl, Rösche, Rum-Rosinen, Semola di grano duro, Stuten
Hm. Wie das geht, weiß ich nicht. Vielleicht ist es auch die Anordnung der Knetmesser. Oder einfach die sehr hohe Leistung. Die Teigknetstufe funktioniert so, dass der TM zehn Sekunden rechts dreht, dann pausiert, dann zehn Sekunden links dreht, pausiert und so weiter. Also beläuft sich die gesamte Knetzeit auf nochmal weniger als zweieinhalb Minuten. Aber die Hefeteige sind absolute Spitzenklasse, wie gesagt. Bei einem guten Hefeteig-TM-Rezept lässt sich der Teig am Ende fast rückstandsfrei aus dem Topf entnehmen. Reste gibt es dann nur noch unterm Messer. Viele Leute, die den TM haben, backen aus dem Grund auch ihr Brot selber… :)
Der TM-Fan sollte das Rezept halbieren, wie gesagt. Wir sind ja eine Grossfamilie…
Werde mir das Teil mal ausleihen. Gibt bestimmt einen netten Test ;-)
Da bin ich ja mal gespannt. Falls Du Rezepte benötigst – unterm Label Hefeteig gibt es auf meinem Blog bereits ausgetestete Rezepte…
Jau, habe ich schon gesehen ;-)
Der TM schafft das tatsächlich und es ist der beste Hefeteig, den ich jemals gemacht hab. Echt. Ich habe vor meinen TM-Experimenten auch schon sehr viel gebacken… Aber das ist wirklich der Hammer, was dieses Teil da hervorbringt. Ich mache damit sogar Ensaimada-Teig… Alle Backwerke werden unvergleichlich gut. Auch Biskuit kann man mit keiner Küchenmaschine so ausgezeichnet machen wie mit dem Zauberkessel. Der wird super leicht und locker. Das kriegt keine Bosch und keine KitchenAid so hin. Abgesehen davon kocht das Teil auch noch hammermässig lecker. :)
Nach deinen Ensaimadas-Bildern glaub ich dir hinsichtlich TM ab sofort ALLES.
Genial! Bin allerdings hinsichtlich Knetzeit beruhigt. Mit 2 Minuten kommst du auch nicht hin ;-)
Doch, doch, normalerweise schon. Aber da es bisher kein Ensaimada-Rezept für den TM gab, musste ich rumprobieren und hatte für TM-Verhältnisse zu viel Ladung. Wenn man das Rezept halbiert, sollte es wesentlich kürzer dauern. Die ’normalen‘ Hefeteige mache ich alle in zweieinhalb Minuten, sonst sind sie ‚overdone‘… LG!
Mhm … so richtig glauben kann ich´s nicht. Weizenkleber braucht Zeit, um sich zu entfalten. Wie macht die Kiste das ?!?
Habe das Ensaimada-Rezept jedenfalls mal an einen leidenschaftlichen TM-Fan weitergeleitet ;-)
Hicks, ja.
Insbesondere die Rumrosinen gefallen mir sehr gut! Da kann der Stuten vom Bäcker nebenan einpacken! :-)