
Wer wie weiland „unser“ Oma die Qualität von Reisen mit zwei ganz einfachen Kriterien zu bestimmen wusste, wird Istrien spontan und in aller höchstem Maße lieben. Omas Frage an sich und alle anderen Reisende lautete nämlich zum einen „Habt ihr auch Wetter?!” und zum anderen „Is auch genug zu essen?”.
Auf Frage #1 antwortete man mit einem JA, wenn die Sonne artig aus sämtlichen Knopflöchern schien. War das Wetter wie in unseren Breiten üblich nicht ganz Knopfloch-tauglich, half überzeugte Zustimmung auf Frage #2 über fast alles vom sanften Nieselregen bis zum handfesten Blizzard hinweg: Hauptsache volle Teller und zum Schluss noch ‚n Schnäpsken für Opa. Und wenn die beiden Pracht-Großeltern, übrigens die meiner Frau, komplett auf Nummer sicher gehen wollten, dann bekam der Hotelkoch bei Anreise sogar einen Sack Kartoffeln aus dem eigenen Garten in die Hand gedrückt (also aus dem der Großeltern, versteht sich). Ein Ja bei beiden Benchmarks – Wetter plus Essen – adelte jede Kaffeefahrt zu einem epochalen Ereignis.

Dass der örtliche Seniorenclub dabei gezielt Lokalitäten unter kroatischer Ägide heimgesucht und das dort tätige Personal offensichtlich über Generationen hinweg systematisch mit Kriterium #2 indoktriniert hat, ist mir allerdings erst jetzt klar geworden. Anders jedenfalls ist kaum erklärlich, wie sehr sich die Nachfahren der von Omas rüstigem Rentnerzirkel besuchten Gastronomen, die längst wieder in Istrien leben, noch heute dem Qualitätskriterium „viel” verpflichtet fühlen.
Der Hang zur schieren Menge könnte natürlich auch auf den traditionell guten österreichisch-kroatischen Beziehungen basieren (da sei jetzt nur mal an die ruhmreiche palačinka / Palatschinke oder die leckere k. u. k. Mittelmeerflotte in Pula erinnert). Bei der Menge deutscher Kennzeichen in Istrien will mir diese These aber nicht ganz einleuchten. Vielmehr nehme ich an, dass man sich bei den Basics doch ähnlicher ist als man manchmal meinen möchte ;-)
Und um das Quantitative jetzt auch abzuschließen: Zu seinen stets großzügigst von Hand gesäbelten und sich durch maximale Bissfestigkeit auszeichnenden Wurst- und Schinken-Spezialitäten kann der Kroate nix. Das sind die Anrainer links der Adria schuld, die nämlich sämtliche Schneidemaschinen, mit denen man Schinken selbst im hinterletzten Coop in hauchzarte Gewebeproben zu hobeln weiß, ausschließlich für sich behalten, um damit Touristen nach Triest zu locken. Nicht unschlau, oder?
Aber was soll´s, man weiss sich zu helfen. Etwa mit dem …
Boškarin-Rind: Da kommt nix weg.
Als Gegenmaßnahme lässt der findige Kroate nämlich keines seiner gleichwohl grauen wie schmackhaften Rindviecher nach Italien, wodurch nach etlichen Generationen sortenreinen Daseins das Boškarin-Rind zum ausschließlich Istrischen Rind wurde, dass sich fortan und mit stolzgeschwellter Rinderbrust indigen oder sogar autochthon nennen darf. Beides ändert nichts am guten und unbedingt empfehlenswerten Geschmack, den man zum Beispiel in der Konoba Ćakula, (Poreč, Vladimira Nazora 7) testen kann.

Das Linsensüppchen bei denen ist übrigens der Hit. Von den Trüffeln hingegen rate ich dringend ab. Die waren trotz der gut gemeinten Trüffelhobel-am-Tisch-Nummer in irgendwas und im Glas eingelegt und damit nicht nur nicht frisch, sondern definitiv vollständig geschmacksbefreit (ich durfte pur probieren). Beim zwar leckeren aber nicht übertrieben aromatischen Tuber Aestivum Vitt. (Sommertrüffel, was anderes gibt´s von Mitte Mai bis Ende September sowieso nicht) echt schade. Zumal der Wirt in nur 30 km Entfernung anständige Ware bekommen hätte.
Trüffel: NIE IM GLAS!

Vorab: Die spleenige Nummer mit den botanischen Namen ist gar kein Spleen, sondern blanke Notwendigkeit, um sich vor Doofheit, Murks oder bewusstem Nepp abzusichern. Vor Markthändlern (nicht bloß in Kroatien), die auf die Frage nach dem lateinischen Namen entweder eine oscarverdächtige Mischung aus Entsetzen und Entrüstung zum Besten geben oder mit konspirativem Augenzwinkern vom Marktstand zur benachbarten Insider-Location lotsen. Die Ware da ist meistens die gleiche, dafür ist aber das Umfeld – wahlweise großer Lieferwagen, kleines Ladenlokal oder bruchsteinerner Kellerverschlag – beträchtlich abenteuerlicher und ob der exklusiven Abgeschiedenheit vom rummeligen Marktplatz auch plötzlich so verkaufsfördernd, dass man fast zu glauben bereit ist, die Trüffel im Glas seien genau so gut wie frische und Trüffelöl und Trüffelbutter bestünden selbstverständlich nur aus den allerbesten weißen Trüffeln.
Räuberpistolen wie uns Angelo Pellegrini schon vor Jahren in seinem großartigen Trüffelseminar klar gemacht hat und wie man noch heute in seinen FAQs lesen kann: „Trüffelöl wird nicht, wie oft angenommen, aus frischen Trüffeln hergestellt, sondern aus der chemischen Substanz »Bis(methylthio)methan«. Die Trüffelstückchen in den Flaschen sind reine Täuschung.”

Zweifler rechnen einfach mal nach: Trüffelöl versucht in aller Regel nach Tuber magnatum pico, der weißen Alba-Trüffel zu duften. Eine Qualität, die als schockgefrorene TK-Ware aus Italien gute 5 – 6 € pro 1 Gramm kostet. Wie viel braucht es nun, um die übliche Viertel-Liter-Pulle zu aromatisieren? So fünf bis 10 Gramm, könnte ich mir schon vorstellen. Bei Istrien-üblichen 15 Euronen die 250 Milliliter und unter der Annahme, dass man zwar anständiges Olivenöl, dafür aber die günstigere, weniger aromatische weiße Frühlingstrüffel tuber albidum pico verwendet, rechnet sich das selbst bei nem ordentlichem Tartufo-Großabnehmer-Rabatt nicht wirklich.
Und selbst wer 14,95 € für 100 ml „BIO Trüffelöl von weißem Trüffel, ohne künstliche Aromen” investieren möchte, sollte vielleicht noch mal kritisch nachfragen. Nicht weil das nicht bestimmt großartig duften würde oder weil die Info fehlt, welche weiße Trüffel denn nun verwendet wurde. Sondern vor allem, weil „natürliches Trüffelaroma von weißem Trüffel* * aus kontrolliert biologischem Anbau” vermutlich schwer erfüllbar ist, da weiße Trüffel meines Wissens nach gar nicht angebaut werden können – auch nicht unkontrolliert.

Falls doch, wäre das natürlich großartig, weil dann auf kurz oder lang die Preise purzeln. (Zu den Sternchen hinter extra und Trüffel gibt es übrigens keine Fußnoten, die die Zweifel ausräumen würden.)
Da ist mir die, äh sagen wir mal „halb-echte” Variante, die sich nicht Trüffelöl, sondern „Olivenöl mit weissen Trüffeln” nennt irgendwie lieber. Die kostet in Deutschland immer noch 12 €urolinchen pro Viertelliter und enthält tatsächlich Trüffel – wenn auch in homöophatischen Dosen: „Natives Olivenöl Extra, Bianchetto Trüffeln (Tuber Albidum Pico) 0,01%, Aromastoffe” – also ein Zehntausendstel Trüffelgemüffel. In Kombination mit frischer Ware – im Sommer die Eingang erwähnten nussig-pilzigen Tuber Aestivum Vitt. – kann man das aber ruhig mal machen.
Oder man verkneift sich alles Fettige bis Ende September, wenn´s endlich (bis Januar) die echten, frischen Tuber magnatum pico, also die „Alba”-Trüffel gibt.
Falls zu teuer: Von Ende November bis Mitte März sucht und findet der schlaue Trüffelhund auch in Istrien den Tuber melanosporum (Perigord-Trüffel), der richtig klasse sein kann. Sein kann, weil man auch den wie alle anderen Trüffel, prüfen sollte.
Seriöse Händler lassen euch dazu, ein ernsthaftes Kaufinteresse vorausgesetzt, an der Knolle riechen und die sogar in die Hand nehmen, um sie beispielsweise auf kleine Löcher zu untersuchen. Im Zigante-Tartufi-Shop in Buje durften wir beides, was so gesehen wohl auch den durchaus strammen Preis von 33 Cent pro Gramm Tuber Aestivum Vitt. erklärt (Preis Juni 2015). Im Web gibt´s diesen einfachen aber durchaus lecker nussig-pilzigen Trüffel schon ab 24 Cent pro Gramm – aber eben ohne anpacken.
Wer mehr Zeit für´s Trüffelschnüffeln verwenden möchte, wird garantiert weitere tolle Angebote in Motovun und Livade finden. Oder man stöbert mal ein wenig auf der sehr informativen Istria-Gourmet-Website.
Und selbst im überschaubaren Buje gibt´s noch mehr zu entdecken.
Olivenöl: geht immer, außer mittags.

Direkt um die Ecke des Zigante-Tartufi hätte es in der Ul. Alessandra Manzonia 15 wohl auch noch ein vorzügliches, weil intensiv fruchtiges Olivenöl von Franco Basiaco gegeben. Leider waren seine Geschäftszeiten und unser Einkaufsrhythmus etwas asynchron, weshalb es zur Erleichterung meiner Frau bei je 2 Pullen Frantoio und Rosulja der Al Torcio-Ölmühle geblieben ist. Und auch wenn der Begriff „kaltgepresst” gleichermaßen die Ware als auch den Gesichtsausdruck der Dame des Hauses charakterisiert: Zwei wirklich klasse Öle, die man ganz in der Nähe von Novigrad in der Strada Kontesa 22a oder noch besser über diesen GoogleMaps-Link findet.
Jede Menge mindestens ebenso gute Ölivenöl-Quellen listet Istria-Gourmet auf.

Mit quengelndem Nachwuchs im Auto empfiehlt sich natürlich ein wenig Effizienz und Planung, was für die oben gezeigte Kompakt-Route spricht. Die Stationen sind: Al-Torcio-Öl, Zigante-Tartufi und Franco Basiaco in Buje, Motovun nebst Weingut Tomaz (Kanal 36, 52424 Motovun) und schlussendlich die Konoba Vrh im gleichnamigen Örtchen Vrh (Vokale werden häufig total überbewertet), die zumindest im Herbst 2012 schön schlichte aber gekonnt gekochte Trüffel- und Boškarin-Gerichte auf der Karte hatte.
Wer seinen Hintern nicht von der Küste weg bekommt, kann es sich trotzdem gut gehen lassen. Zum Beispiel mit einem Gläschen Malvasier.
Malvazija: mehr als ein Urlaubswein.

Um es kurz zu machen: Die Weißweine der Weingüter Tomaz, Legovina und San Tommaso, die wir auf dem Malvazija-Weinfest in Poreč probiert haben, sind wirklich klasse. Als kleine Gedächtnisstütze für den nächsten Urlaub deshalb einfach nur kurz die Bilder. Solche Mini-Weinfestivals gibt´s wohl häufiger und sind eine prima Gelegenheit, istrische Weine für einen minimalen Degustationspreis zu testen.
Und da das perfekt mehrsprachige Bodenpersonal vor allem optisch zu glänzen wusste, war die Verköstigung auch noch nett anzuschauen.
Wer´s abends nicht übertreibt schafft es am nächsten Morgen auch noch ganz gepflegt zum Schnellboot-Terminal, um 2 ½ Stunden später frei von lästiger Parkplatzsuche Mitten in Venedig zu landen. Kann man nicht meckern, oder?
Das ultimative kulinarische Highlight hab ich mir natürlich bis zum Schluss aufgehoben.
Lino Lada, weiß
Zitat Giftigeblonde: „Und da isses passiert, dieses Glas haben wir gleich so mit dem Löffel verputzt …”
Man kann es nicht besser beschreiben.

Einfach mal bei Google googeln.
Da würd ich auch gern mal hin. Ein bezaubernder Platz.
in 5 Wochen gehts auf die Insel.… zwar gibt es dort keine Trüffel aber dafür andere Köstlichkeiten…
Oh ja: bei Fisch, Boskarin und diesen wunderbaren kleinen Kalmaren reicht ja auch vielfach der Grill. Manchmal hätten wir uns aber auch statt „viel“ noch ne Prise Raffinesse gewünscht :-)
nicht zu vergessen die „Schkampi“- die besten die ich je gegessen habe, ganz ohne Rafniesse.