Begin­nen wir mit den wei­sen Wor­ten des Herrn M. aus S. am N., der mei­nen vor­he­ri­gen Bei­trag gleich­wohl tref­fend wie zu Recht mah­nend mit den Wor­ten kom­men­tier­te: „Mei­ne Fres­se ist das viel Text für eine Sal­sic­cia … und dann noch Senf … ist nicht dein Ernst, oder? :-)))

DIJON-Senf – so viel Zeit muss sein – aber ansons­ten auf den Punkt. Wes­halb ab sofort auch mäch­tig beim Text geknau­sert wird. Ers­tes Spar­op­fer ist der in der Head­line ange­kün­dig­te Bericht über das #‎GbtWü14 am vor­letz­ten WE, der hier­mit kur­zer­hand ent­fällt. Zum einen, weil Bar­ba­ras Spiel­wie­se, Blog­scho­ko­la­de & But­ter­post, caha­ma, Cor­um­Blog, Cuci­na e piu, Sam­mel­hams­ter und Sugar­prin­cess ohne­hin um Tage (gefühlt Wochen) flot­ter waren. Zum ande­ren, weil ich damit die Muße habe, noch ein klein wenig mehr auf die Blog-Autoren und deren unter­schied­li­che Moti­va­tio­nen einzugehen.

Beweg­grün­de, die mei­nes Erach­tens ganz pri­ma dazu tau­gen, Hür­den in den Köp­fen all derer abzu­bau­en, die Blogs nach wie vor für eine skur­ri­le Anwand­lung gel­tungs­süch­ti­ger Nerds mit zu viel Zeit hal­ten und die sich bei Publi­ka­tio­nen ohne Ver­lag schon immer die Fra­ge gestellt haben, ob das denn wohl auch alles stimmt, was sich die­se Blog­ger da so aus­den­ken. Aber der Rei­he nach:


Wie rich­tig, wie wahr sind Food­blogs eigentlich?

Bei Food­blog­gern im All­ge­mei­nen und den Genuss­blog­gern vom vor­letz­ten Wochen­en­de im Beson­de­ren kann man davon aus­ge­hen, dass aus­nahms­los alles selbst gekocht, eigen­hän­dig foto­gra­fiert und anstän­dig auf Quel­len ver­linkt wird. Falls nicht, gibt´s im Web ganz unmit­tel­bar und unmiss­ver­ständ­lich Feed­back. Mit ande­ren Wor­ten: Die Rezep­te aus Koch­blogs sind sys­tem­be­dingt wahr, weil tat­säch­lich gekocht. Und sie sind häu­fig auch „wah­rer” als Publi­ka­tio­nen von pro­fes­sio­nel­len Redak­tio­nen, die längst nicht immer für das auf­wen­di­ge Über­prü­fen von Mengen‑, Tem­pe­ra­tur- und Zeit­an­ga­ben bezahlt wer­den. Anders jeden­falls lässt sich kaum erklä­ren, war­um so man­che Koch­pu­bli­ka­ti­on hin­sicht­lich der küchen­re­le­van­ten Fak­ten eher ins Fan­ta­sy-Gen­re gehört.

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Sind Food­blog­ger alles gel­tungs­süch­ti­ge Nerds?

Spä­tes­tens nach einem kur­zen Blick in caha­ma BES­SER: SELBST­GE­MACHT, dem Food­blog von Car­men und Harald Mahr, spürt man, dass die Moti­va­ti­on fürs Blog­gen kaum Selbst­dar­stel­lung ist. Die bei­den haben sich über Jah­re hin­weg zu strikt qua­li­täts­fo­kus­sier­ten Selbst­ver­sor­gern ent­wi­ckelt. Mit dem erklär­ten Ziel, einem Fami­li­en­mit­glied auf die­se Wei­se jede Men­ge Neu­ro­der­mi­tis-Stress (ken­ne ich gut, braucht kein Mensch) gegen Lebens­mit­tel­zu­sät­ze zu erspa­ren. Und mit dem hüb­schen Effekt für uns Leser, dass man bei caha­ma jede Men­ge ler­nen kann: Ange­fan­gen beim tag­täg­li­chen Kochen – lecker und fir­le­fanz­frei – bis hin zum sel­ber wurs­ten, sel­ber räu­chern, sel­ber trock­nen, sel­ber gären und sel­ber kel­tern. Letz­te­res in die­sem Jahr mit schlap­pen 65 Zent­nern Äpfel (in Wor­ten: fünf­und­sech­zig), was mich irgend­wie zu der Fra­ge bringt, ob 3.250 kg noch ein Motiv oder schon eine Marot­te sind ;-)

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Dann war da noch Evi von kyche​.de

Stimm­ge­wal­ti­ge Würz­bur­ger Co-Orga­ni­sa­to­rin mit der ein oder ande­ren Into­le­ranz: Bei­spiels­wei­se gegen Fruk­to­se, Lak­to­se, feh­len­des Besteck und gegen jeden Man­gel an Geschmack, wie man unter ande­rem hier sehr fein nach­le­sen kann. Evi bloggt nicht ganz so oft, was mich irgend­wie beru­higt und Men­schen mit Mage­i­ro­co­pho­bie die Chan­ce auf einen sanf­ten Ein­stieg als Koch­blog-Fol­lower ermöglicht.

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Ganz anders Bernd von heu­te gibts

Der näm­lich woll­te ursprüng­lich auf Wunsch von erwach­se­ner Toch­ter Num­mer 1 nur mal eben das ein oder ande­re Fami­li­en­re­zept zu Papier brin­gen, was auch pri­ma und ohne Tadel in Buch­form funk­tio­nier­te. So lan­ge jeden­falls, bis eines wun­der­schö­nen Tages Toch­ter Num­mer 2, nun­mehr eben­falls erwach­sen, genau so was auch woll­te. Da das Buch jedoch ein ech­tes Uni­kat und somit unteil­bar war, beschloss Bernd kur­zer­hand, es ein­mal mit die­sem Inter­netz aus­zu­pro­bie­ren, von dem ihm sei­ne zwei Prin­zes­sin­nen immer erzähl­ten. Gesagt, getan und fort­an pro­fi­tie­ren Toch­ter Num­mer 1, Toch­ter Num­mer 2 und der gan­ze, gro­ße Rest im Web von täg­li­chen Rezep­ten, wie sie spei­chel­fluss­för­dern­der kaum sein können.

Und da Bernd zudem ein ganz lie­bens­wer­ter Erklär-Bär ist, beant­wor­tet er euch auch noch alle mög­li­chen und bis­wei­len unmög­li­chen Fra­gen. Fol­gen kann man Bernd übri­gens ganz ein­fach hier.

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Wer­ner ver­führt nicht nur mit Cuci­na e piu zur Prokrastination.

Wobei der Herr Danz natür­lich betont, dass Pic­co­la Panet­te­ria bloß eine tublr-Zweit­ver­wer­tung von Cuci­na e piu sei und sein sau­prak­ti­sches Rezept­buch zum Blog kaum der Rede wert wäre. Und wenn der Wer­ner dann so im Tief­sta­pel­mo­dus ist, dann könn­te man fast den Ein­druck gewin­nen, dass sei­ne wie gemalt aus­schau­en­den Bro­te, Bröt­chen und Baguettes, sei­ne Tört­chen und sei­ne zum Nie­der­knien zart-schmel­zen­den Pra­li­nen aller­höchs­tens „nor­mal” sei­en. Wie gesagt, Tief­sta­pel­mo­dus – pfft! Und was nun die Pro­kras­ti­na­ti­on angeht: So las­se ich mich ger­ne vom Arbei­ten abhalten.

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Blog­scho­ko­la­de & But­ter­post: Ich bin zwei Blogs.

Das kann man jetzt ruhig so sagen, schließ­lich blog­gen hier Ricki und Lisa. Lisa war genau wie ich Gast auf dem #‎GbtWü14, womit ver­mut­lich auch schon die wesent­li­chen Gemein­sam­kei­ten defi­niert wären. Denn Lisa weiss sich auf ihrem Blog kurz zu fas­sen, macht rich­tig lecke­re Fotos und stellt sich im Gegen­satz zum Koch­zi­vi­lis­ten jedem Küchen­du­ell. Mit durch­schla­gen­dem Erfolg und bewun­derns­wer­ter Gelas­sen­heit, wenn man sich den dau­er-dampf­plau­dern­den, stän­dig auf die Pel­le rücken­den Kol­ja Klee­berg anschaut.

Und wer sich jetzt men­tal die Hän­de reibt und denk, na also, wuss­te ich´s ja, doch alles nur Gel­tungs­sucht, aber ist ja auch klar, mit der char­man­ten Kom­bi­na­ti­on aus Food­blog­ge­rin + Päd­ago­gin wür­de ich auch ver­su­chen, ins TV-Busi­ness ein­zu­stei­gen, dem will ich Lisas herr­lich gera­de Ant­wort nicht vor­ent­hal­ten: Nö, ich woll­te bloß mal vom Pro­fi (in die­sem Fall Herrn Schu­beck) gesagt bekom­men, ob mei­ne Gerich­te rich­tig oder, wie eini­ge mei­ner Freun­de immer behaup­ten, zu kräf­tig gewürzt sind.

Tja, ihr lie­ben Würz-Luschen, die Ant­wort wird euch nicht schme­cken: —> ZDF, die Küchen­schlacht vom 26.09.2014

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Bar­ba­ra von Bar­ba­ras Spiel­wie­se bloggt seit 8 Jahren,

nähert sich mit durch­schnitt­lich 120 Bei­trä­gen pro Jahr unauf­halt­sam ihrem ein­tau­sends­ten Post und liebt Bloge­vents. Damit ist jetzt nicht das Genuss­blog­ger­tref­fen gemeint, son­dern Son­der­the­men wie bei­spiels­wei­se der World Bread Day 2013 oder der tier­frei­tag, die immer mal wie­der von beson­ders enga­gier­ten Blog­gern aus­ge­ru­fen wer­den. Über-The­men, an denen man sich mit eige­nen Bei­trä­gen betei­li­gen kann, um so gemein­sam The­men vor­an­zu­brin­gen, neu zu inter­pre­tie­ren, zu ver­voll­stän­di­gen, auf die Spit­ze zu trei­ben, ins Bewusst­sein zu rücken, aus­zu­pro­bie­ren etc. pp. Ein­fach mal unter Bar­ba­ras Bei­trä­gen auf die Akti­ons­lo­gos kli­cken und ein wenig stö­bern. Wer da noch Koch­bü­cher liest, ist selbst Schuld. Und da Bar­ba­ra auch mal Sino­lo­gie stu­diert hat, emp­fiehlt sich noch ein kur­zer Klick in die Rubrik asia­ti­sche Küche.

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Noé­mi vom Sam­mel­hams­ter schreibt sogar über Fusseltier.

Zudem dif­fe­ren­ziert sie gewis­sen­haft zwi­schen Grün­zeugs (748) und lecker Grün­zeugs (1), was mei­nes Erach­tens aber aus­nahms­los von lecker (1300) abge­deckt wird. Fus­sel­tier (51) wie­der­um gehört gene­tisch gese­hen wohl grob in die Kate­go­rie Vögel und Säu­ger (286), wird aber mit ziem­li­cher Sicher­heit nicht geges­sen. Kurz­um: Alles irgend­wie ein ganz famos-ver­wir­ren­des Sam­mel­hams­ter­su­ri­um von höchs­tem kuli­na­ri­schem Unter­hal­tungs­wert. Und das sage ich jetzt nicht bloß, weil Noé­mi mein Chi­li-SOUR© mag. Sie mag auch mein Curry.

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War­um heisst Yush­ka Brands Blog eigent­lich Sugar­prin­cess?

Des­halb. Und war­um führt einen das auf die fal­sche Fähr­te? Dar­um und des­we­gen und über­haupt.

Mit ande­ren Wor­ten: Yush­ka ist weiss Gott kein Prin­zes­schen. Neben ihrem eigent­li­chen Job – Mut­ter von sechs Kin­dern – hat sie ihr Blog mit bis zu 3.000 Sei­ten­auf­ru­fen pro Tag zu einem der renom­mier­tes­ten Ange­bo­ten gemacht, das ich ken­ne. Und das Fei­ne dabei: Die Frau braucht dazu kei­ne spit­zen Ellen­bo­gen, son­dern ledig­lich zwei Zuta­ten: Qua­li­tät und Herz (auf Basis eines gewis­sen Durch­set­zungs­ver­mö­gens, wie man bei sechs Gören wohl unter­stel­len darf ;-)

Ein Herz hat Yush­ka übri­gens auch für Blog­ger, die noch nicht so pro­mi­nent sind, wie man jeden Frei­tag unter der Rubrik „übern Tel­ler­rand” lesen kann. Ich darf dem­nächst auch mal – so mir was Anstän­di­ges einfällt.

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Also: Eine skur­ri­le Anwand­lung gel­tungs­süch­ti­ger Nerds mit zu viel Zeit?

Wohl kaum. In Würz­burg jeden­falls habe ich aus­schließ­lich Men­schen ken­nen gelernt, die neben ihren ganz indi­vi­du­el­len Moti­ven eine Gemein­sam­keit haben: Spaß dar­an, ande­ren etwas Gutes zu tun – in bzw. mit der eige­nen Küche und qua­si als Ver­län­ge­rung des Erfolgs­er­leb­nis­ses spä­ter auch im Blog. Und da nur die wenigs­ten Food­blog­ger bares Geld mit ihrer Lei­den­schaft ver­die­nen, ist die wich­tigs­te Wäh­rung, mit der ihr all die­se Ange­bo­te hono­rie­ren könnt, das Tei­len, Twit­tern, Plus­sen und natür­lich das Kom­men­tie­ren.

Ach ja und eines noch: Bei Blog-Kom­men­ta­ren könnt ihr euch sicher sein, Ant­wor­ten zu bekom­men. Ver­sucht das mal bei euren Kochbüchern


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PS: Dass ich in Würz­burg nicht mit allen Teil­neh­mern gespro­chen habe heisst nicht, dass deren Blogs nicht eben­falls höchst lesens­wert sind. Es zeigt nur, dass ich irgend­wann zu faul war, den Platz zu wechseln ;-)