Ob Fer­nand „Pete“ Peti­ot die 1921 von ihm in Paris kre­ierte Bloo­dy Mary nicht viel­leicht lie­ber mit Chi­li-SOUR statt mit schnö­dem Tabas­co auf­ge­peppt hät­te, kann man natür­lich rück­bli­ckend schlecht sagen. Mit der kräf­tig sau­er-fruch­ti­gen Note, dem wür­zi­gen Duft per­si­scher Limo­nen und der run­den Schär­fe von Chi­li, getrock­ne­ter Toma­ten und süßem Papri­ka hat mein aktu­el­ler Gewürz-Mix aber durch­aus das Zeug, die Gren­ze zwi­schen Küche und Bar zu durch­bre­chen – zumin­dest bei ner Bloo­dy Mary. 

Die hat ihren Namen übri­gens kei­nes­wegs von der reich­lich blut­rüns­ti­gen Köni­gin Maria, der 1. von Eng­land und Irland und vier­ter Mon­ar­chin aus dem Haus Tudor, son­dern Pete zufol­ge von der Kell­ne­rin Mary aus dem Bucket of Blood Club in Chi­ca­go. Also völ­lig harm­los und unblu­tig, was die mar­tia­li­sche Head­line die­ses Arti­kels folg­lich als blan­ke Effekt­ha­sche­rei ent­larvt … wobei, wenn ich´s Recht beden­ke, nichts davon zu lesen war, wie und in wel­chem Alter jene Kell­ne­rin denn nun eigent­lich das Zeit­li­che geseg­net hat.

getrocknete persische Limonen / Loomi / Limo amani / Limo omani

Per­si­sche Limo­nen / Loo­mi / Limo ama­ni oder omani

Aber zurück zur ursprüng­li­chen Her­aus­for­de­rung: Ziel war es näm­lich, eine klei­ne, fei­ne und vor allem fein­füh­lig zu dosie­rende Chi­li-Gewürz­mi­schung zu erdenken, die man ähn­lich wie den Koch­zi­vi­lis­ten­pfef­fer stän­dig in der Küche nut­zen und genie­ßen kann.

Nichts, was man bloß alle zwei Jah­re aus der hin­ters­ten Gewürz­schrank-Ecke fischt, um es her­nach im Chi­li-con-Car­ne-Bot­tich fürs anste­hen­de Nach­bar­schafts­fest zu verklappen.

Kei­ne die­ser mit Schnapp­at­mung gerö­chel­ten Boah-ey-dat-brennt-ja-zwei­mal-State­ments, bei denen man sich und sei­nen Kum­pels mit hun­dert­tau­send und mehr Sco­ville einen solch fet­ten Cap­sai­cin-Ham­mer ver­passt, dass es einem sämt­li­che Hit­ze- und Schmerz-Rezep­to­ren ans Limit und das letz­te biss­chen Hirn in Form klei­ner Dampf­wölk­chen aus den Ohren treibt.

Kurz­um: Nix mit hot, xterm und/​oder pain, son­dern eine gut dosier­ba­re Mischung, die mit einer gewis­sen Raf­fi­nes­se ver­blüfft und für jeden oder zumin­dest jeden zwei­ten Tag geeig­net ist. Die trotz des, sagen wir mal unschein­ba­ren Chi­li-Buketts ein spür­bar fei­nes Näs­chen hat (nicht ganz so wie der Koch­zi­vi­lis­ten­pfef­fer aber immer­hin) und die somit beträcht­lich brei­te­re Ver­wen­dung fin­det, als das bei Chi­li in unse­ren Brei­ten gemein­hin der Fall ist. Das Ergeb­nis, auch für weni­ger schär­fe-affi­ne Zeitgenossen/​innen:

Chili-SOUR© – fein-scharf und persisch-fruchtig

Zubehör:

ChiliSour_Uebersicht

Zutaten für eine Kaffeemühlen-Füllung:

Wei­ße per­si­sche Limo­nen ali­as Loo­mi ali­as Limo ama­ni oder Limo oma­ni (gibt es einen eige­nen Namen für die oben gezeig­te blon­de Vari­an­te?) schmeckt herb-zitro­nig und trotz der Trock­nung kräf­tig säu­er­lich, was dem Chi­li äußerst gut bekommt und zudem ganz treff­lich den Namen erklärt. Aber Ach­tung: Sucht man im Web nach „getrock­ne­ter per­si­scher Limo­ne” stößt man bei Wiki­pe­dia nur auf Bil­der der schwar­zen Vari­an­te, die mir erheb­lich zu streng ist. Ich bevor­zu­ge im Chi­li-SOUR oder auch an Lamm, Fisch oder Geflü­gel die hier gezeig­te wei­ße Vari­an­te. Im Spi­cy Way im Carsch-Haus hat man bei­de Sor­ten zum Vergleich.

Zubereitung:

Paprikaflocken_suess

Papri­ka­f­lo­cken, süß

Chili 25.000 Scoville

Chi­li mit 25.000 und mit 3.000 Sco­ville im Ver­hält­nis 1:1

Denk­bar ein­fach, denn im Gegen­satz zum DIY-Cur­ry muss hier nichts gerös­tet wer­den. Es reicht, die Loo­mis kurz im Mör­ser auf­zu­bre­chen (Gefrier­beu­tel mit Fleisch­klop­fer tut´s auch) und alle Zuta­ten in der E‑Mühle mit Schlag­werk höchs­tens mit­tel­fein zu mah­len. Wenn es geht nicht fei­ner, denn pul­ve­ri­sier­ter Chi­li sorgt höchst zuver­läs­sig für Nies­an­fäl­le, mit denen man pro­blem­los auch grö­ße­re Stra­ßen­zü­ge beein­dru­cken kann. Wer den Mahl­vor­gang jedoch als akti­ve Nach­bar­schafts­be­wäl­ti­gung begreift,

Tomatenflocken, die tun nix, schmecken aber.

Toma­ten­flo­cken: die tun nix, schme­cken aber.

mahlt selbst­ver­ständ­lich ultra­fein und ver­zich­tet kon­se­quent dar­auf, die eigent­lich emp­feh­lens­wer­te Sicher­heits­pau­se von ein bis zwei Minüt­chen nach dem Mah­len ein­zu­hal­ten, bis sich der Chi­li­staub unterm Müh­len-Deckel gelegt hat.

Anmerkung zu den Mühlen:

Im Gegen­satz zu Schei­ben­müh­le, bei­spiels­wei­se für Kaf­fee, ent­steht bei dem rotie­ren­den Mes­ser einer Schlag­werk-Müh­le kaum Rei­bungs­hit­ze, ergo kein Aro­ma­ver­lust. Außer­dem las­sen sich die Tei­le gut säu­bern und eig­nen sich pri­ma für klei­ne, fri­sche Mengen.

Kaffirlimettenblätter

Kaf­fir­li­met­ten­blät­ter

Genau des­halb wer­den beim Koch­zi­vi­lis­ten auch alle Gewürz­re­zep­te mit einem sol­chen Kaf­fee-Mühl­chen für schlan­ke 20 Euro­nen gemixt. Es soll ja schließ­lich auch bei euch zu Hau­se funktionieren.

Bei mei­nem Pro­duk­ti­ons­part­ner wird hin­ge­gen eine Sieb­ma­schi­ne ein­ge­setzt. Ein etwas ande­res Kali­ber mit einem Arbeits­tisch aus 4 mm Stahl­plat­te, Abluft­an­la­ge und Schutz­wand gegen Staub­ex­plo­sio­nen, bei der sämt­li­che Zuta­ten durch unter­schied­li­che grobe/​feine Sie­be geschos­sen wer­den. Der Vor­teil die­ser Tech­nik: Wer lang­sam und sorg­fäl­tig arbei­tet erhält kom­plett kalt gemah­le­ne Gewür­ze und somit sämt­li­che Aro­men. Wer Zeit spa­ren will und pfuscht, kann mit die­ser Tech­nik hin­ge­gen so viel Rei­bung erzeu­gen, dass Gewür­ze regel­recht ver­glü­hen. Bei mei­nem Pro­du­zen­ten Alex­an­der Lod­ner, mit dem ich schon das DIY-Cur­ry gerös­tet, gemixt und schön kalt gemah­len habe (ich war bei allem dabei) und der mir dem­nächst auch das Chi­li-SOUR und den neu­en Tom­Kah­Gai-Mix (Details fol­gen, Vor­stu­fe sie­he hier) fabri­ziert, brau­che ich mir da kei­nen Kopp zu machen. Der Mann hat die Ruhe weg und weicht bei Qua­li­tät und Ver­ar­bei­tung nicht einen Hauch von der Ide­al­li­nie ab – ganz so, wie sich das gehört.

ChiliSour-Mix

Was genau ist eigent­lich mit dem Copy­right-Zei­chen am Chi­li-SOUR© gemeint? Wer aus Spaß an der Freud mei­ne Gewürz­re­zep­te nach bas­telt, bes­ser macht, wei­ter spinnt und ger­ne auch ganz neu inter­pre­tiert erfüllt des Koch­zi­vi­lis­ten Herz mit gro­ßer Freu­de und noch mehr Stolz. Denn hier ist der Genuss die trei­ben­de Kraft und dar­um geht es beim Food­blog­gen schließ­lich. Weni­ger ger­ne gese­hen sind hin­ge­gen Zeit­ge­nos­sen, Con­tent-Schnor­rer und Pla­gia­to­ren, die mei­ne Gewürz­re­zep­te nut­zen, um damit regel­mä­ßig gewerb­lich Geld zu ver­die­nen. All denen sei jetzt und für immer­dar ein nim­mer enden wol­len­der Juck­reiz dahin gewünscht, wo nie die Son­ne scheint. Noch Fra­gen?!

Verwendung:

Anders als der Koch­zi­vi­lis­ten­pfef­fer behält Chi­li-SOUR auch nach dem Kochen Schär­fe und Aro­ma. Mit­ko­chen geht also, muss aber nicht. Die Gewürz­mi­schung eig­net sich auch tadel­los als Finish ganz ohne lan­ges Schmurgeln.

Pas­sen tut das wür­zig-her­be Stöff­le mit der zitro­nig-sau­ren Note, der Süße des Papri­kas und der Kraft getrock­ne­ter Toma­ten ganz tadel­los zu Fisch, Geflü­gel und Lamm, in Joghurt- oder Zie­gen­frisch­kä­se-Dipps, Salat-Dres­sings und natür­lich in eine selbst geschla­ge­ne Chi­li-SOUR-Mayon­nai­se, die sich wie­der­um aus­ge­zeich­net zu frisch gegrill­ten Scam­pi macht. Und manch­mal reicht es auch, den Chi­li-Sour ein­fach nur mit fri­schem Brot, ein wenig Oli­ven­öl und Fleur de Sel auf dem Tisch zu stel­len – in fried­li­cher Koexis­tenz mit dem Pfef­fer #1 aber trotz­dem völ­lig anders.

Ach ja, und ob Chi­li-SOUR auch tat­säch­lich die bes­se­re Bloo­dy Mary macht, wird gera­de pro­fes­sio­nell getes­tet. Ich wer­de berichten ;-)

Chili-SOUR-Mayonnaise

Chili-SOUR-Mayonnaise

Zutaten:

  • 9 g Senf
  • 14 g Zitro­nen­saft + 14 g wei­ßer Bal­sa­mi­co Essig
  • 2,3 g Salz
  • 1 Pri­se Zucker
  • 4 g Chili-SOUR
  • 2 Eigelb
  • 300 g Erd­nuss­öl o. ä., Haupt­sa­che geschmacks­neu­tral (also kein Oli­ven­öl, das wird fies bitter)

Zubereitung:

In einem hohen Mix­be­cher Senf, Zitro­nen­saft, Bal­sa­mi­co, Salz, Zucker und Chi­li-SOUR mit­ein­an­der mischen, bis sich das Salz auf­ge­löst hat. Die 2 Eigelb hin­ein glei­ten las­sen und das kom­plet­te Öl dar­über gie­ßen. Stab­mi­xer mit Quirl­schei­be leicht schräg am Boden auf­set­zen, für fünf, sechs Sekun­den auf nied­ri­ger Stu­fe anquir­len und dann bei maxi­ma­ler Dreh­zahl ganz lang­sam nach oben zie­hen, um das rest­li­che Öl ein­zu­ar­bei­ten. Das dau­ert mit dem Stab­mi­xer ins­ge­samt kaum 30 Sekun­den. Bei der Kue­chen­chao­tin gibt´s dazu ein ganz orga­ni­sier­tes Film­chen.