Ob drei Gän­ge für den flei­ßi­gen Vor­ko­cher, vier Gän­ge für den semi­pro­fes­sio­nel­len Küchen­zam­pa­no oder sechs Gän­ge in ambi­tio­nier­ten 90 Minu­ten (Vor­be­rei­tungs­zeit, gesamt, ver­steht sich) für den beson­ders zügi­gen Lieb­ha­ber der gepfleg­ten Insel­kü­che: Weih­nachts­me­nüs gibt es gera­de jede Men­ge. Und die meis­ten davon sind so spei­chel­fluss­för­dernd, dass man sich fragt, ob man da über­haupt noch mit­hal­ten kann und will.

Kla­re Ant­wort: Man will schon, kann aber nicht, wes­we­gen etwas auf den Tisch muss, das Spaß macht, einem nicht kom­plett das noch zar­te Koch­zi­vi­lis­ten-Image ver­ha­gelt und mög­lichst allen Weih­nachts­gäs­ten schmeckt. Aus Letz­te­rem resul­tiert eigent­lich nur eines: Nudeln.

Die gehen immer, somit auch zu Weih­nach­ten. Vor­aus­ge­setzt, es han­delt sich um RAVIO­LI MAGRI, was laut Babel­fi­sh so viel heisst wie „schlan­ke“ Ravio­li und laut Novel­la und Andrea vom Le Petit Cha­teau, Meis­ter der ligu­ri­schen Küche und Rezept­ge­ber, Ravio­li ohne Fleisch. Wobei ich kurz anmer­ken möch­te, dass fleisch­los nicht zwangs­läu­fig vege­ta­risch bedeu­tet. Ohne Fleisch heisst in Ligu­ri­en näm­lich mit Gemü­se oder Fisch oder eben auch mit „Ani­mel­le di vitel­lo“, also Kalbs­bries, was ja nun in der Tat kein Fleisch ist.

[Für Inne­rei­en-Pho­bi­ker gibt´s rechts unten noch eine bries­lo­se Maro­nen-Speck-Fül­lung. Die ist ob des Specks zwar nicht „magri“ und auch nicht ita­lie­nisch aber den­noch lecker.]

Zubehör:

Nudelmaschine

Zutaten Nudelteig:

  • 500 g Semo­la di gra­no duro (sehr fein gemah­le­ner Hart­wei­zen­gries von lecker stroh­gel­ber Farbe)
  • 20 g Salz
  • 62 g Olivenöl
  • 220 g war­mes Wasser
    (Wie jetzt: Kei­ne Eier?
    Jawoll! Begrün­dung sie­he Vor­be­rei­tung Nudelteig)

Zutaten Füllung (kleiner Gang für 4 Personen):

Bries_Zutaten

  • 3 El Oli­ven­öl + 1 Tl But­ter (El = Ess­löf­fel, Tl = Teelöffel)
  • 25 g Pinienkerne
  • 1 Stk. Scha­lot­te (gehört nicht zum Original-Rezept)
  • 1 Stk. Knob­lauch­ze­he (ganz las­sen, die kommt spä­ter wie­der raus)
  • 200 g Kalbs­bries (160 g nach dem Kochen und dem Ent­fer­nen der Häut­chen und Blutgefäße)
  • 200 g Spi­nat (125 g nach dem Putzen)
  • (in Ligu­ri­en nimmt man wohl ger­ne auch Bor­ra­gi­ne, Bor­retsch)
  • 50 g Par­me­san (frisch gerie­ben, ver­steht sich)
  • 1 Ei
  • Mus­kat­nuss, Salz und Kochzivilisten-Pfeffer
    (plus But­ter und Sal­bei, um die Ravio­li magri vor dem Ser­vie­ren dar­in zu schwenken)

Vorbereitung Kalbsbries:

Kalbs­bries (nach drei bis vier Stun­den Wäs­sern) von der mil­chig-durch­sich­ti­gen, erstaun­lich zähen Haut zu befrei­en, funk­tio­niert am bes­ten, indem man die Tei­le min­des­tens 10 Minu­ten in Salz­was­ser kocht. (10 Pfef­fer- und 5 Piment-Kör­ner, 3 Lor­beer­blät­ter und/​oder ein paar Kaf­fern­li­met­ten-Blät­ter im Sud scha­den der Sache nicht).

Bei mir waren es dies­mal etwa 450 g Roh­wa­re, wovon aller­dings nur die ers­te Hälf­te (net­to 160 g nach Brü­hen und Parie­ren) in die Nudel­fül­lung wan­dert. Das reicht als klei­ner Gang für vier Per­so­nen. Die zwei­te Hälf­te harrt fer­tig pariert im Tief­küh­ler sei­ner wei­te­ren Bestimmung.

Den gekoch­ten Kalbs­bries in kal­tem Was­ser abschre­cken und die ein­zel­nen „Rös­chen“ außen von der läs­ti­gen Pel­le und innen von den klei­nen, zähen Äder­chen befreien.

Vorbereitung Nudelteig:

Nudelteig

20 g Salz in 220 g war­men Was­ser auf­lö­sen und mit 500 g Semo­la di gra­no duro und 62 g Oli­ven­öl zu einem fes­ten Nudel­teig ver­kne­ten. Da ist Hand­ar­beit ange­sagt. Und zwar so lan­ge, bis der Teig geschmei­dig ist, was zu eurer Beru­hi­gung flot­ter geht als man anfäng­lich denkt. Teig in Klar­sicht­fo­lie ein­rol­len und min­des­tens ein, zwei Stünd­chen ruhen lassen.

Aber warum so ein fester und dann auch noch eierloser Teig?

Stufe_9

Je fes­ter der Teig, um so dün­ner lässt er sich aus­rol­len ohne zu rei­ßen oder Löcher zu bekom­men. Aus sol­chen Lecka­gen resul­tiert näm­lich zwangs­läu­fig das Absau­fen der müh­se­lig fabri­zier­ten Ravio­li, was wie­der­um ganz schnell zum unten beschrie­be­nen Desas­ter führt.

Je weni­ger Eier im Teig sind, des­to bes­ser lösen sich die Ravio­li aus der Form. Und auch wenn es der deut­schen Spätz­le- respek­ti­ve Eier­nu­del­see­le zutiefst wider­strebt: Beim oben genann­ten Nudel­mehl aus HARTwei­zen braucht es kei­ne Extraei­er, weil das Zeug per se mehr Pro­te­in (Kle­ber­ei­weiß bzw. Glu­ten) ent­hält als bei­spiels­wei­se ein Mehl Typ 405 (Öster­reich Type W480).Hartweizen-mehl Außer­dem hat der Teig aus Hart­wei­zen­grieß auch ganz ohne Eier eine lecker gel­be Far­be und der Koch­zi­vi­list einen deut­lich weni­ger roten Kopf vom Anschrei­en der Ravio­lamp-Form, weil sich das Teil trotz jeder Men­ge Streu­mehls stand­haft wei­gert, Eier­nu­del­teig wie­der her zu geben. Wer dem Bra­ten bzw. der Nudel den­noch miss­traut kann ger­ne zur Beru­hi­gung ein Ei dazu geben. Aller­dings nur dann, wenn er das Gewicht des Eis (ohne Scha­le) von den 220 g Was­ser abzieht. Sonst Löcher im Teig, Ravio­li abge­sof­fen, Kin­der tod­trau­rig, Schwie­ger­mut­ter pikiert, Gat­tin gars­tig, Weih­nach­ten im Eimer, gesell­schaft­li­che Äch­tung, Schei­dung, Pri­vat­in­sol­venz etc. pp – halt das vol­le Pro­gramm. Aber das ist natür­lich euer Ding.

Ravioli Magri a la Novelle e Andrea:

Briesfüllung

25 g Pini­en­ker­ne nebst Knob­lauch­ze­he in Öl-But­ter-Gemisch anbräu­nen. Kalbs­bries und klein gewür­fel­te Scha­lot­te dazu geben und eben­falls leicht bräu­nen (ins­ge­samt max. 10 Minuten).

Mischung aus der Pfan­ne neh­men (Knob­lauch­ze­he ent­sor­gen) und im glei­chen Res­t­öl kurz den Spi­nat schwen­ken bis er zusammenfällt.

Bei­des mit dem Mes­ser schön fein hacken und mit 50 g frisch gerie­be­nem Par­me­san, einem Ei, einer ordent­li­chen Pri­se frisch gerie­be­ner Mus­kat­nuss, frisch gemah­le­nem Koch­zi­vi­lis­ten­pfef­fer und Salz zu einer wür­zi­gen, geschmei­di­gen Fül­lung mischen.

Ravioli-Montage:

Teigrädchen

2 cm Teig abschnei­den und mit der Nudel­ma­schi­ne bis auf Stu­fe 8 oder sogar 9 (dün­ner geht nicht) aus­rol­len. Auf einer Sei­te mit etwas Nudel­mehl bestreu­en und die­se Sei­te auf die Ravio­lamp-Form legen, in die Ver­tie­fun­gen ein WENIG Fül­lung set­zen (man nimmt meis­tens zu viel). Die Ste­ge zwi­schen den Ver­tie­fun­gen dünn mit Ei bepin­seln und die zwei­te Nudel­bahn so dar­über legen und gut andrü­cken, dass mög­lichst wenig Luft in der Ravio­li bleibt. Ob man zum Andrü­cken nun das zum Ravio­lamp gehö­ren­de Mini-Nudel­holz oder lie­ber die Fin­ger ver­wen­det, müsst ihr für euch aus­pro­bie­ren. Wich­tig ist nur eines: Es darf kei­ne Fül­lung aus­tre­ten sonst Löcher im Teig, Ravio­li abge­sof­fen … bla­bla­bla (sie­he fürch­ter­lich grau­en­haf­tes Sze­na­rio oben). Ravio­li mit einem Teig­räd­chen teilen.

Ravio­li 3 bis 4 Minüt­chen im spru­deln­den Salz­was­ser kochen, vor­sich­tig por­ti­ons­wei­se mit dem Schaum­löf­fel aus dem Nudel­was­ser hie­ven, kurz abtrop­fen las­sen und in der schäu­men­de Sal­bei­but­ter (⅓ Päck­chen But­ter + 10 Blät­ter Sal­bei) schwen­ken. Zusam­men mit ein, zwei Sal­bei-Blät­tern auf Tel­lern anrich­ten und mit ein wenig frisch gerie­be­nem Par­me­san bestreuen.

Fertige Nudel

Wem Kalbs­bries nicht behagt: Pikan­tes Lachs-Tatar mit frisch gerie­be­ner Zitro­nen­scha­le und ein wenig Chi­li ist auch eine net­te, eben­falls fleisch­lo­se Fül­lung. Als Top­ping passt ein Löf­fel­chen Lachs­ka­vi­ar. Wem fleisch­los wurscht ist dem emp­feh­le ich mei­ne Eigenkreation.

Ravioli Maroni a la Kochzivilist:

250 g Maro­nen im Koch­beu­tel (gibt in der Metro und mei­nes Wis­sens nach auch bei Ede­ka oder im Real) mit einem ordent­li­chen Stück But­ter zu einem geschmei­di­gen Maro­nen-Püree zerstampfen.

100 g rohe Schin­ken­speck-Wür­fel­chen (die mage­re Vari­an­te) oder Bünd­ner­fleisch unter­he­ben und mit gerie­be­ner Mus­kat­nuss und schwar­zem Koch­zi­vi­lis­tenp­ef­fer abschmecken.

Ravio­li wie oben beschrie­ben fabri­zie­ren, 3 bis 4 Minu­ten kochen, in ein wenig Trüf­fel­but­ter schwen­ken und mit ein paar tro­cken ange­rös­te­ten Man­del­split­tern bestreut servieren.

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Wün­sche all­seits lecke­re Weihnachten!

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A. F.